Parodontologie
Parodontitis nennt man die entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparats. Als Auslöser gelten Bakterien, die fest auf der Zahnoberfläche haften. Diese Bakterien verursachen in der ersten Phase der Erkrankung eine Zahnfleischentzündung.
Bei längerem und unbehandeltem Vorliegen der Zahnfleischentzündung dringen diese Keime über die Zahnoberfläche langsam in Richtung der Zahnwurzel vor. Da nun die Bakterien in der Zahnfleischtasche sitzen, können sie durch die Zahnbürste nicht mehr erreicht und beseitigt werden. Sie bilden auf der Zahnwurzel einen klebrigen Belag, die sogenannte „Plaque“, die sich nach einiger Zeit in Zahnstein und fest haftende Krusten, sogenannte „Konkremente“ umwandelt.
In den meisten Fällen handelt es sich um ein chronisch schubweise verlaufendes Geschehen, das vorwiegend bei Erwachsenen auftritt, nur selten schmerzhaft ist und von den Betroffenen zumeist unbemerkt bleibt. Erst nach Jahren führt er zu Zahnlockerungen. Daneben gibt es aber auch aggressive Formen, die rasch zu umfangreichem Knochenverlust führen und manchmal auch schon im Kindesalter auftreten. Ursachen dieser selteneren aggressiven Formen sind entweder besonders aggressive Erreger und/oder eine nicht funktionierende lokale Immunabwehr. Folgende Anzeichen können auf eine Erkrankung des Zahnhalteapparats hindeuten:
- rotes, geschwollenes, empfindliches Zahnfleisch
- Zahnfleischrückgang
- Mundgeruch
- Eiterbildung am Zahnfleisch
- Zahnlockerung/-wanderung
Obwohl die Anwesenheit bestimmter Bakterien und genetische Faktoren bezüglich des Immunsystems die Hauptrolle bei der Entstehung einer Parodontitis spielen, gibt es einige Risikofaktoren, die die parodontale Gesundheit beeinflussen:
- schlechte oder falsche Mundhygiene
- 4- bis 6-fach erhöhtes Risiko für Raucher
- Diabetes mellitus (insbesondere dann, wenn der Blutzuckerspiegel schlecht eingestellt ist)
- Lebenspartner mit bestehender Parodontitis (Ansteckung, auch von Mutter auf Kind möglich!)
- allgemeine Abwehrschwäche
Behandlung
Zur Behandlung einer Parodontitis reicht selbst eine professionelle Zahnreinigung nicht mehr aus. Nur eine in der Zahnarztpraxis durchgeführte, systematische Parodontalbehandlung kann einen Stillstand der Zahnbettentzündung bewirken. Die Behandlung läuft in mehreren Stufen ab:
1. Vorbehandlung (Initialtherapie):
Die erste Phase stellt eine umfassende Diagnostik dar, mit welcher Art, Schwere und Verlauf der Erkrankung bestimmt werden können. Klinisch beurteilt man den Gesamtzustand des Gebisses, die Zahnlockerungen, die Tiefe der Zahnfleischtaschen, den Zahnfleischrückgang und die Mundhygiene des Patienten. Zudem wird durch eine Panoramaaufnahme der Knochenverlauf bestimmt.
In der anschließenden Hygienephase werden alle oberhalb des Zahnfleischrands gelegenen harten und weichen Beläge entfernt. Dabei werden dem Patienten noch Tipps für eine optimale Mundhygiene gegeben.
In dieser Phase müssen defekte Füllungen oder unzureichende Wurzelfüllungen erneuertwerden, während nicht erhaltungswürdige Zähne gezogen werden. Durch verschiedene antibakterielle Spüllösungen können zudem die Keime im Mund reduziert werden.
2. Parodontalbehandlung:
Während in der Vorbehandlung weiche und feste Beläge oberhalb des Zahnfleischs entfernt wurden, erfolgt anschließend die Reinigung der Zähne unterhalb des Zahnfleischs (geschlossene Kürettage). Zahnstein, Plaque und Bakterien werden mithilfe von feinen Küretten (speziell geformte Handinstrumente) und ultraschallbetriebenen Instrumenten entfernt. Diese Reinigung geschieht schmerzlos unter örtlicher Betäubung.
Auch bei sehr weit fortgeschrittenen Parodontitiden ist heute eine offene Kürettage, bei der die betroffenen Bereiche chirurgisch eröffnet und unter Sicht gereinigt werden, nicht mehr erforderlich.
3. Nachsorge:
Um das Wiederaufflammen der Parodontitis zu verhindern, ist es sehr wichtig, eine penible häusliche Mundhygiene zu betreiben. Neben dem eigentlichen Zähneputzen sollte man die Zahnzwischenräume mit geeigneten Maßnahmen reinigen. Eine regelmäßige Kontrolle in individuell festgelegten Abständen hilft, den Therapieerfolg zu sichern oder frühestmöglich auf Veränderungen des Zahnfleischs reagieren zu können.
Durch die empfohlene professionelle Zahnreinigung alle 3-6 Monate können außerdem Putznischen gesäubert werden und Hilfestellungen bei der häuslichen Mundhygiene gegeben werden.
Prognose
Rechtzeitig und richtig behandelt kann einer Parodontitis fast immer Einhalt gewährt werden, allerdings ist diese Behandlung zum Teil sehr langwierig und immer stark von der Mitarbeit des Patienten abhängig. Da die Parodontitis ein Ausdruck eines bakteriellen Angriffs gegen die einst intakte Grenze Zahn – Zahnfleisch ist, muss sich jeder Betroffene darüber im Klaren sein, dass selbst nach erfolgreicher Beseitigung dieser Entzündung die Gefahr des Rückfalls fortbesteht. Darum ist auch nach Beendigung der eigentlichen Therapie eine regelmäßige Nachsorge nötig, um einem erneuten Aufflammen der Entzündung frühestmöglich entgegenzuwirken.
Unbehandelt führt die Parodontitis fast immer zu Zahnverlust und daraus folgend zu ästhetischen und funktionellen Beeinträchtigungen. Außerdem ist Parodontitis ein Risikofaktor für allgemeinmedizinische Erkrankungen. So gilt ein Zusammenhang zwischen parodontalen Erkrankungen und dem erhöhten Risiko für das Auftreten von Herzinfarkten und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises als wissenschaftlich gesichert. In neueren Untersuchungen konnte außerdem gezeigt werden, dass eine unbehandelte Parodontitis das Risiko von Frühgeburten um das Siebenfache steigert und auch ein niedriges Geburtsgewicht ursächlich mit einer Parodontitis zusammenhängen kann.
Die eigentliche Parodontitisbehandlung wird nach vorheriger Kostenzusage von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Evtl. Zusatzleistungen wie professionelle Zahnreinigung oder die Bestimmung der Bakterien oder des genetischen Risikos muss der gesetzlich versicherte Patient selbst tragen.